Droht dem Westerwald eine Kulturkrise?

KULTURANGEBOT ZIELT ZU VIEL AUF MASSENGESCHMACK

 

Ist  das Kulturangebot im Westerwald nach zwei Jahrzehnten des Aufbruchs  fast unbemerkt in eine Krise geraten? Wird nur noch versucht den Massengeschmack zu bedienen und bleibt die Vielseitigkeit von Kunst und Kultur dabei auf der Strecke? Mit dieser Frage beschäftigte sich die Kleinkunstbühne Mons Tabor.

 

Der Vorsitzende des im unteren Kreisteil tätigen Kulturvereins, Uli Schmidt (Horbach), wies auf eine aus seiner Sicht zweifach drohende  Kulturkrise hin: eine finanzielle und konzeptionelle. „Hierdurch ist  das mühsam aufgebaute kulturelle Angebot und damit auch die relativ gute wirtschaftliche Entwicklung der Region gefährdet“, so die Einschätzung von Schmidt. Die finanzielle Situation vieler Sponsoren und Kommunen sei immer mehr durch nachvollziehbare Sparzwänge und Mittelkürzungen bestimmt. Die nur auf den Massengeschmack zielende Konzeptionslosigkeit der Kulturpolitik führe immer mehr zu einer Beliebigkeit des Kulturbetriebes, dem das Provokante und Aufregende mehr und mehr abhanden komme. Verstärkt  führe dies zur Hatz auf den publikumswirksamen „Event“.

 

Der Analyse sollen nach dem Willen der Kleinkunstbühne aber mehrere erfolgversprechende Maßnahmen folgen. Hierbei sei zunächst davon auszugehen,  dass sich die politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Bedingungen für Kulturpolitik grundlegend verändert haben. Um Möglichkeiten für eine kulturpolitische Weiterentwicklung in der Region zu eröffnen, bedürfe es daher einer neuen Zieldiskussion. Unverzichtbar sei auch die bessere Vernetzung und engere Zusammenarbeit der kommunalen und freien Kulturanbieter. So dürften die Kommunen nicht aus Prestigegründen gegeneinander arbeiten, sondern müssten an einem kulturellen Strang ziehen. Diesem Ziel diene die Bildung von gemeinsamen „VG-Kulturbüros“ oder einer kreisweiten „Kulturveranstaltungsgesellschaft“. Diese müssten geleitet werden von Machern die für die Kultur auf die Barrikade gehen, anstatt von Kulturverwaltern ohne Risikobereitschaft und Ideen. Durch geeignete Werbemaßnahmen solle zudem versucht werden, mehr als bisher nur 15 bis 20 % der Bevölkerung für das Kulturprogramm der Region zu begeistern.

 

Noch ist Zeit genug, der Kulturpolitik im Westerwald auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eine andere Richtung zu geben, so die Mitglieder der Kleinkunstbühne Mons Tabor hoffnungsvoll. Dass auch im Westerwald für innovative Projekte ein Publikum zu gewinnen ist, zeige die Konzertreihe „Musik in alten Dorfkirchen“ im Kultursommer Rheinland-Pfalz. Bekanntlich sind diese Weltmusikkonzerte, zu denen die Kleinkunstbühne 2005 bereits im zehnten Jahr einlädt,  immer sehr gut besucht und meist ausverkauft. „Ohne das Engagement der Kreissparkasse Westerwald und der NASPA wären solche Projekte freier Veranstalter jedoch nicht möglich“, so Schmidt. Beispielhaft sei auch das Angebot der „Hachenburger Kulturzeit“ oder des  Amateurtheaters Oase in der Kreisstadt zu nennen.